03.05.2024 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Inhaltsangabe des Verlags Der Hörspielsommer in Leipzig ist Deutschlands erstes und größtes Open-Air-Festival für Hörspielfreunde jeden Alters. Wichtiger Bestandteil ist der Nachwuchs-Wettbewerb für junge Hörspielmacher, dessen Gewinner von einer hochkarätig mit professionellen Hörspielautoren und –produzenten besetzten Jury gewählt werden. Die Doppel-CD „Hörspiellust“ versammelt sieben der schönsten Hörspiele dieses Wett- bewerbs aus den Jahren 2003 und 2004. Diese decken die verschiedensten Themen ab: Es geht z.B. um Rassismus oder Flucht vor der provinziellen Enge, aber man findet auch Skurriles und sogar ein Märchen. CD 1: Variationen für Violine Solo (40.05) eine Familiengeschichte dreier Generationen von Antje Hörenz und Carsten Wilhelm Schneetreiben im Frühling (29.50) ein literarischer Tatsachenbericht von Fabian Kühlein und Florian Wöhrl CD 2: W-Ort (21.00) ein Hörspiel vom Abhauen und Unterwegssein von Daniel Beskos, Peter Reichenbach und Blanka Stolz Vermessung des Labyrinths (16.42) eine mythische Reise von Dirk Heine Die Grenze (12.16) ein kafkaeskes Psychospiel von Andreas Kannengießer, Yvonne Panten und Martin Spange Hello Yellow Edward (5.43) eine Telefon-O-Ton-Collage über Verstehen und Nicht-Verstehen von Anja Penner Die Wippe (15.02) ein Märchen von Beate Düber
Unsere Rezension Die Hörspiele dieser CD sind die schönsten Werke des Leipziger Hörspielsommers 2003 und 2004. Es sind also keine professionellen Hörspiele, auch wenn man dies überhaupt nicht hört. Leider erfährt man im Booklet nicht, ob die Hörspiele auf der CD „Hörspiel Lust“ die Original-Beiträge sind, oder ob diese für das Hörbuch noch einmal überarbeitet wurden. So oder so sind aber erstaunlich gute Stücke dabei heraus gekommen, die – jedes auf seine Art – voll überzeugen. Dieses Hörbuch ist ein Muss für alle Anhänger der Hörspiel-Kunst, kann aber auch allen empfohlen werden, die sich einfach nur ganz normal für Hörspiele interessieren. Variationen für Violine Solo Man findet zunächst ein wenig schwierig in dieses Werk hinein, denn die ersten Szenen springen ein wenig in der Gegenwart, nachdem die eigentliche Handlung bereits vorbei ist. Danach entwickelt sich die Geschichte zu einer überzeugenden Studie der Entwicklung eines schwachen und zutiefst verletzten Menschen. Da die Handlung zwischen den beiden Weltkriegen spielt, ist es fast zwangsläufig, dass sich der „Negativ-Held“ zu einem Faschisten entwickelt, da er hinter einer harten Gesinnung Schutz sucht. Ein Hörspiel, welches die Entwicklung einer Familie schildert, ruhig, ohne viel Action aber sehr eindringlich. Einziger Kritikpunkt: Das komplett Hörspiel ist in nur einem Track enthalten (über 40 Minuten). Dieser ist eindeutig zu lang. Schneetreiben im Frühling Es soll sich bei diesem Stück um eine freie Aufarbeitung einer tatsächlichen Begebenheit handeln. So sehr, wie den konservativen Kreisen Ausländerfeindlichkeit vorgeworfen wird, stellt sich ein klein wenig der Verdacht ein, dass vielleicht auch die hier vorgestellte Schilderung der Vorkommnisse ein wenig idealistisch eingefärbt wurde. Nichts desto trotz bleibt die Geschichte ein Mahnmal für alle, die nicht vorschnell urteilen, zuhören und immer wieder ihre eigenen Vorurteile auf den Prüfstand stellen. Die Geschichte ist eine interessante Mischung zwischen unterhaltsamen Krimi und düsterer Anklage. Einzig der anfangs ermittelnde Polizist ist durch sein stark überspitztes Auftreten sehr unglaubwürdig geworden. Ansonsten wurde dieses Hörspiel erstaunlich gut umgesetzt. W-ORT Im Gegensatz zu den ersten beiden Stücken ist dies kein „Handlungs-“ sondern ein „Gedanken-Hörspiel“, eine Collage aus Musik, Gedanken, Straßeninterviews… Nicht eine Geschichte steht im Vordergrund, sondern Gedanken und Philosophien. Diese Produktion ist daher ein wenig anspruchsvoller. Oder erhebt es den Anspruch, bietet ihn aber nicht? Dies ist immer eine Gradwanderung, aber die Auszeichnung beim Hörspielfestival zeigt wohl auf, dass diese Gradwanderung gelungen ist. Vermessung des Labyrinths Ein wirklich interessantes Werk. Nicht jedem wird es gefallen, es ist nichts für empfindliche Hörer, denn der Anfang ist stark fäkalisiert. Dafür ist dieses Stück klanglich beeindruckend, und gegen Ende erhebt sich das inhaltliche Niveau wie der Phönix aus der Asche, und beginnt, literarische Themen aufzugreifen. Dies kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass über weite Strecken der Klang und die Produktionstechnik im Mittelpunkt steht, und man es mit einer Art modernem Klangwerk zu tun hat. Die Grenze Vielleicht die Entdeckung dieses CD, zumindest was das inhaltliche anbetrifft. Die Autoren schufen eine kafkaeske Miniatur, welche durch ihre groteske Handlung ausgesprochen spannend ist. Auch die Umsetzung hinterlässt einen sehr guten Eindruck: wirklich sehr gelungen! Mehr braucht man zu diesem Stück nicht zu sagen. Hello Yellow Edward Hierbei handelt es sich um ein reines Klangwerk aus fremdsprachigen Sprach-Fetzen. Akustisch interessant, aber ohne nennenswerten Inhalt. Natürlich hat das Stück eine Aussage, die auch gut transportiert wird, dennoch ist es gut, dass es keine ganzen sechs Minuten lang ist, so ist es eine nette Abwechslung, aber endet, bevor es zu nerven beginnt. Die Wippe Dieses Stück fällt deutlich aus dem bisherigen Schema heraus. Alle bisherigen Stücke sind modern, symbolisch, interpretationsbedürftig, … „Die Wippe“ hingegen ist ein Märchen, inhaltlich einfach und erholsam nach all den anderen Stücken. Daher ist es zwar ungewöhnlich in dieser Zusammenstellung, aber am Ende der CD sehr gut plaziert, denn die meisten Hörer werden diese Geschichte einfach genießen. (© echthoerbuch.de 26.04.2019) |
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