06.05.2024 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Die Verleihung des Deutschen Hörbuchpreises 2004 endete mit einer großen Überraschung, denn der Preisträger in der Kategorie "Best of all" (Bestes Hörbuch des Jahres) ist jemand, der überhaupt nicht nominiert wurde. Doch beginnen wir doch mit dem Anfang. Der Deutsche Hörbuchpreis wurde zum zweiten mal verliehen, und zum ersten mal im Funkhaus des WDR. Das schöne daran, es liegt direkt neben dem Kölner Dom, was zur feierlichen Atmosphäre noch beiträgt. Die Gala begann mit einer echten Kuriosität, denn die Zuschauer wurden vom Moderator Roger Willemsen dazu aufgefordert, sich die nächsten Minuten mucksmäuschen-still zu verhalten, denn die 20.00 Uhr Nachrichten wurden live von der Bühne verlesen. Darin erfuhr man unter anderem, dass der diesjährige 17. März der wärmste seit Beginn der Temperaturaufzeichnung war mit bis zu 24 Grad. Kein Wunder, dass man im Anzug zu schwitzen begann. Als dann die Meldung verlesen wurde, dass auf der am selben Tag eröffneten Cebit ein Seniorenhandy mit nur drei Tasten vorgestellt wurde, begann das Publikum doch vernehmbar zu schmunzeln. Diese Nachrichten drüften sich für den uneingeweihten wirklich ungewöhnlich angehört haben. Aber auch die Überleitung zum Rahmenprogramm war ungewöhnlich und bemerkenswert, denn Zuschauer begannen plötzlich, sich laut über das Wetter zu unterhalten. Es war natürlich sofort klar, dass dies Sprecher sind, und das ganze inszeniert war, aber ein Highlight war es dennoch, vor allem, da diese überall im Zuschauerraum verteilt waren. Die Sprecher stammen aus dem Wort-Ensemble des WDR, sind also die Sprecher, die man in Jingles und ähnlichem immer wieder zu Hören bekommt. Diese und das Ensemble Resonanz, ein klassisches Orchester, übernahmen zu größten Teilen das Rahmenprogramm der Veranstaltung. Der Auftakt des Programms übernahm jedoch ein echter Sprach-Künstler, Marcus Jeroch. Er hielt einen Vortrag darüber, wie sich die deutsche Sprache anhört, wenn man einen Buchstaben wegläßt. So hielt er seine Rede ohne den Buchstaben "d", später auch ohne zwei Buchstaben, ohne drei, ... Eine phänomenale Leistung. Dann begannen die Ehrungen. Roger Willemsen führte souverän durch diesen Parkour, und war zu einem großen Teil für den Glanz der Veranstaltung zuständig. Beste Unterhaltung
Gewonnen hat hier das Hörbuch "Fälle" von Daniil Charms. Ausgezeichnet wurde aber Peter Urban, der nicht nur für die Bearbeitung der Buchvorlage zuständig war sondern das Hörbuch auch gesprochen hat. Um einen kleinen Eindruck von den außergewöhnlichen Texten Daniil Charmes zu erhalten hier zwei Zitat: "Puschkov sagte 'Die Frau ist die Werkbank der Liebe', und schon hatte er eine in der Fresse." "Es war einmal ein Rotschopf, der hatte weder Augen noch Ohren. Er hatte auch keine Haare, so daß man ihn an sich grundlos einen Rotschopf nannte."
Beste Information
Sieger ist "Versuchen wir das unmögliche - Erinnerungen an Che Guevara" von Dr. Ursula Voss. Die Jury lobte ihr Bemühen, das Gedenken an Che nicht verblassen zu lassen. Dabei wird nicht nur viel wissenswertes vermittelt, sondern auch noch auf sehr gelungene Weise, mittles einer Kollage von Zeitzeugen-Aussagen, Texten von ihm, Geräuschen, .... Frau Voss sorgte auch für den dramatischen Höhepunkt des Abends, da sie beim Verlassen der Bühne auf der Treppe stürzte, sie ist aber hoffentlich unverletzt geblieben. Von hier aus eine gute Besserung für die blauen Flecke!
Das besondere Hörbuch
In dieser Kategorie wurde kein einzelnes Hörbuch ausgezeichnet, sondern ein komplettes Verlagsprogramm. Der Verlag supposé wurde dafür ausgezeichnet, dass er sich so gekonnt bemüht um Dinge wie Bildung, Aufklärung und Wissen, Gebiete, welche viele Verlage als zu unlukrativ ansehen. Beispielhaft eine Produktion von supposé:
Beste Interpretation
Das der Deutsche Hörbuchpreis sich nicht an Verkaufszahlen orientiert, sieht man auch an der Ehrung eines sehr kleinen Verlages in dieser Kategorie. Der Schweizer Ueli Jäggi wurde für seine wirklich ausgezeichnete Interpretation von "Bartleby, der Schreiber" ausgezeichnet. Die Zuschauer konnten sich selbst eine Meinung davon bilden, denn es wurde - wie auch von allen anderen Siegertitel - ein kurzer Ausschnitt angespielt. Eine bewusst nicht auf Perfektion abgestimmte Produktion, die aber sehr lebhaft und eindringlich gelesen wird.
Bestes Kinder- / Jugendhörbuch
In diesem Bereich gewann ein wirklich ganz besonderes Hörbuch, welches versucht, den Kindern heutzutage die Verbrechen und das Grauen im dritten Reich näher zu bringen, ohne diese zu überfordern. Es macht zwar traurig, aber zugleich auch mutig. Der eingespielte Ausschnitt war wirklich sehr bewegend.
Best of all
In dieser Kategorie folgte nun die kleine Sensation, denn wie bereits oben erwähnt, gewann keines der nominierten Hörbücher. Die Jury setzte sich einstimmig über die Vorschläge des Nominierungsgremiums hinweg, was den Statuten entspricht, und sprach sich für ein ganz anderes Hörbuch aus, nämlich "Auf Schwimmen – Zwei Vögel" von Flann O'Brien, übersetzt und gesprochen von Harry Rowohlt. Diese Entscheidung überraschte zwar aufgrund der Nicht-Berücksichtigung der Nominierungen, aber nicht aufgrund der Person Harry Rowohlts. Ein ganz besonderer Künstler, der wie kein anderer versteht, Sprache, Kunst und Kultur zusammen zu bringen mit Spaß, Sprüchen und Unterhaltung. Wir konnten Herrn Rowohlt dieses Jahr auf einer Lesung bewundern, und können die Entscheidung der Jury daher nur vollauf unterstreichen!
After-Show-Party
Nachdem die offizielle Verleihung geendet hatte, zogen Preisträger, Jury, Verleger aber auch das Publikum um in ein vorbereiteten Raum, in dem die After-Show-Party stieg, und man hautnah mit allen sprechen konnte. |
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