29.04.2024 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Inhaltsangabe des Verlags Ehebruch, Inzest, bizarre Sexualpraktiken und homosexuelle Neigungen - in England ist der Ruf des berühmt-berüchtigten Dichters Lord Byron ruiniert und er selbst ebenso. Sein Seelenheil will er in Europa suchen und engagiert den frischgebackenen Mediziner John William Polidori als Reisearzt. Für den jungen Medikus wirkt der Ruf an die Seite des genialen Poeten wie ein Geschenk des Himmels; er hat selbst schriftstellerische Ambitionen und erhofft sich von der gemeinsamen Tour Inspiration für seine Werke. Doch Byron hat die Gesellschaft seines naiven, launischen und kränkelnden Arztes bald satt. Am Genfer See, wo die beiden auf den Anarcho-Dichter Percy Shelley, dessen Geliebte Mary und deren Stiefschwester Claire treffen, läuft die Sache für Polidori dann vollends aus dem Ruder. Er wird zum Spielball der anderen, zum fünften Rad am Wagen, stets gehänselt und ausgelacht. Hin- und hergerissen zwischen Selbstmordgedanken, blindem Ehrgeiz und maßloser Selbstüberschätzung denkt er jedoch keinen Moment daran, seine Stellung zu kündigen. Als die kleine Gesellschaft sich in einer stürmischen Nacht die Zeit mit dem Lesen von Gespenstergeschichten vertreibt, hat Byron den folgenschweren Einfall, jeder von ihnen solle selbst eine Geistergeschichte schreiben. Es kommt zu dem sagenumwobenen Autoren-Wettstreit, aus dem zwei der bekanntesten Figuren der Schauerliteratur hervorgehen: Mary Shelleys Frankenstein (an dessen Geburt der deutsche Märchensammler Jacob Grimm unwissentlich beteiligt ist) und J.W. Polidoris Vampyr, zu dem Byron die Grundidee liefert. Mit der Erfindung des Edel-Blutsaugers Lord Ruthven gelingt dem verkappten Schriftsteller Polidori ungeplant ein Schachzug, der die Schauer- und Gruselliteratur der Zukunft entscheidend beeinflussen soll: Er liefert der Welt ihren ersten aristokratischen Vampir - charmant, überheblich, eiskalt - ein Ladykiller fürwahr, der unverkennbar die Züge Lord Byrons trägt und Bram Stoker später zu seinem Grafen Dracula und Anne Rice zu ihrer Figur des Lestat in Interview mit einem Vampir inspirieren wird. Der byroneske Vampir ist geboren - sozusagen Polidoris literarische Rache an seinem Dienstherrn. In England entpuppt sich Der Vampyr als Bestseller, bringt seinem Erfinder aber kein Glück - im Gegenteil: John William Polidori wird vom Pech verfolgt und stolpert von einem Unglück ins nächste. Auf seiner Erzählung scheint ein Fluch zu lasten, denn obwohl Der Vampyr nur auf dem Papier existiert, saugt er dem Medikus ganz langsam das Blut aus.
Unsere Rezension Ripper-Records geht mit "Der Vampyr" weit abseits der eingetretenen Pfade. Anders, wie man bei dem Titel denken könnte, handelt es sich nicht um eine einfache Gruselgeschichte, sondern um ein Hörspiel über einige der bekanntesten Gruselromane. Bei einem Zusammentreffen von John William Polidori, Lord Byron, Mary Shelly und anderen Autoren entstand in einer Nacht der Ansatz sowohl zu "Frankenstein" als auch zu der Vorlage, welche Bram Stoker später zu "Dracula" animierte. Dieses Zusammentreffen wird behandelt, die Vorgeschichte, die Auswirkungen, aber vor allem das Miteinander dieser berühmten und wichtigen Autoren wird geschildert. Das Ganze wird erzählt aus Sicht von Polidori, so dass ein großer Teil der Handlung von ihm als Erzähler berichtet wird. Diese Rolle wurde mit Andreas Fröhlich besetzt, der schon mehrfach bewies, dass er gerade so unsichere und haltlose Rollen perfekt beherrscht. Eine sehr gute Besetzung, wenngleich ich mir in der nahen Zukunft wünsche, ihn nur in anderen Rollen zu hören, bevor er zu stark in diese Schublade gesteckt wird. Aber es finden sich auch immer wieder "echte" Hörspielszenen, in denen also verteilte Rollen die Szene spielen. Außerdem wurde das Stück atmosphärisch sehr gut mit Geräuschen unterlegt. Die Produktion (Sprecher, Regie, Geräusche, ...) ist so gut geglückt, wie man es von dem sehr anspruchsvollen Label Ripper-Records nicht anders erwarten konnte. Der Inhalt wird aber einige Fans der anderen Hörbücher dieses Labels nicht so sehr vom Hocker reißen. Es ist inhaltlich kein so spektakuläres Hörbuch wie die Vorgänger, es besitzt wesentlich mehr Tiefgang, ist ein sehr geglückter Versuch, Anspruch mit einer überzeugenden Hörspielumsetzung zu verbinden, besitzt aber keine so reißerische Handlung. Kurz gesagt ist "Der Vampyr" ein perfekt produziertes, intelligentes Hörspiel über das Genre der Horror-Literatur, mit einer wenig reißerischen, aber sehr interessanten Handlung. (© echthoerbuch.de 26.04.2019) |
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