29.04.2024 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Inhaltsangabe des Verlags Dracula, der berühmteste Schauerroman aller Zeiten, fesselt seit 95 Jahren die Gruselfans. Seine Kombination aus Tagebüchern, Briefen und Zeitungsartikeln erzielt eine derart authentische Wirkung, dass man durchaus zu der Annahme bereit ist, Bram Stroker selbst sei das zweifelhafte Geschick der Unsterblichkeit zuteil geworden. Das subtile Wechselspiel aus Text, experimentellem Sounddesign und szenarischer Musik in der neuen Hörspielfassung umgibt die Präsenz seiner Aussage mit einem neuzeitlichen Gewand.
Unsere Rezension Ein Hörspiel über einen Stoff, der schon hunderte Male verfilmt wurde? Brauchen wir eine weitere, 5 CDs umfassende Dracula-Adaption? Und ob! Orson Welles, legendärer Filmemacher und künstlerisches Universalgenie des 20. Jahrhunderts, beklagte einmal in einem Interview, dass es keine wirklich ambitionierte und überzeugende Verfilmung eines der seiner Meinung nach großartigsten Romane der Literaturgeschichte gab. Er sprach dabei nicht von Tolstoj oder Hemingway, sondern von Bram Stoker’s Vampirnovelle Dracula. Angesichts zahlreicher cineastischer Enttäuschungen resümierte er „They didn’t even open the book...“. Recht hatte er. Und im Grunde hat sich das bis heute nicht wirklich geändert. Immer wieder wird der unvermindert populäre Stoff (eines der meistverkauften Bücher aller Zeiten) auf die Kinoleinwand gebracht. Manche der filmischen Ergebnisse sind durchaus inspiriert und gut gemeint. Doch im Grunde scheitern noch heute die Regisseure reihum daran, der erhabenen Unheimlichkeit der Romanvorlage gerecht zu werden. Meistens wird die dichte, schauerliche Geschichte, in deren Mittelpunkt die bleierne Schwärze des Bösen steht, zugunsten eines Seitenaspektes, den man, je nach Mode der jeweiligen Zeit, aus dem Buch heraus zu lesen glaubt, regelrecht zerstört. So wird der Blutfürst selbst mal auf einen gelackten einsilbigen Grusel-Dandy reduziert (z.B. britische Hammer-Filme der 50er bis 70er), mal wird der Liebes- und Erotikaspekt überstrapaziert und Dracula zu einem liebeskranken Single stilisiert (der Vampir als im Grund nach Liebe suchende, ausgestoßene Kreatur ...ein unglücklicher Troubadur, wie bei Coppola). Interpretatorischer Freiraum schön und gut ...doch mit der eigentlichen sinistren Qualität des Romans hat das oft kaum noch was zu tun. Wer also nur die Dracula-Filme kennt, kennt nicht notwendigerweise die originale Geschichte. Graf Dracula ist zu allererst Bedrohung und Schrecken. Die immerwährende Rückkehr des Todes aus dem Grab. Das nahezu omnipotente Böse, das nur überleben kann, indem es dem Guten die Lebenskraft entzieht. Ein tödlicher Parasit, ein Killermechanismus, ein düsteres Antithesum zu Gott. Einziger Schutz gegen seine kalte Totenhand ist der christliche Glaube mit seinen Symbolen. Dies birgt eine weltanschauliche Komponente: Wehrhafte Defensivität verteidigt sich nur durch den Glauben gegen das instinktgesteuerte Agressortum. Ordnung gegen Chaos. Erdichtet aus Geschichtsmythen, Aberglauben, Volksmärchen und repressivem viktorianischen Zeitgeist, ist der Dracula-Roman ein faszinierendes Amalgam der Angst und die Titelfigur bis heute der furchteinflößendste Mobb der Kulturgeschichte. Und für alle, die das Buch nicht gelesen haben und von Hollywood fehlinformiert sind: JA, er kann sich auch bei Tageslicht bewegen und zerfällt NICHT zu Staub. JA, er kann sich in niederes Getier verwandeln (Fledermäuse, Ratten, Wölfe). JA, er kann als Nebel durch Türritzen kriechen. Er ist auf Papier um vieles bedrohlicher als im Kino. Woran sich das Kino ebenfalls regelmäßig die Vampir-Zähne ausbeißt, ist die komplizierte aber sehr sinnvolle Struktur des Romans. Diese besteht aus zusammengefügten Tagebucheintragungen, Telegrammen usw., und der Leser wird nicht durch einen Erzähler oder in der Ich-Perspektive durch die Geschichte geführt. Nur indem wir zum Voyeur werden und fremde Tagebücher lesen, erschließt sich uns das unheimliche Geschehen. Irgendwie hat das Buch dadurch von vornherein etwas Verbotenes, Abseitiges an sich. Dieses Konstrukt, dieses erzählerische Puzzle lässt sich nicht adäquat auf die Leinwand übertragen. Vielleicht ist die Gruselmär im Originalzustand ja eigentlich unverfilmbar und dazu bestimmt, durch Lesen oder Erzählen weitergegeben zu werden? So gesehen ist das Hörspiel eigentlich das geeignetere Medium, Dracula umzusetzen. Erzählen und zuhören: Bilder entstehen im Geiste frei, wo sie auf der Leinwand vorgegeben und naturgemäß begrenzt sind - der generelle Vorteil des Hörspiels. Dieses Vorteils sind sich die Regisseure dieser nhb-Produktion, Anja Wagener und Wenke Kleine-Benge, sehr bewusst und erschaffen, unbeeindruckt von Filmklischees, ein wohltuend literarisches Dracula-Feeling. Oliver Coors hat die deutsche Erstübersetzung von Heinz Widtmann aus dem Jahre 1908 dramaturgisch gut adaptiert. Das erlesene Sprecher-Ensemble, allen voran Lutz Riedel und Stephan Schwartz, agiert nahezu makellos. Bis hin zum Artwork (nhb kreation) ist alles vom Feinsten. Irgendwie gibt dieses ambitionierte Hör-Erlebnis durch seine Geduld und seine Genauigkeit dem inflationär verwurschteten Stoff die literarische Würde und damit auch ein Stück weit das Mysterium zurück. Keine kleine Leistung. Wenn auch kein Ersatz für die Lektüre des unerreicht athmosphärischen Buches, so doch ein gelungener Versuch, sich respektvoll eines Klassikers anzunehmen und gute Unterhaltung zu präsentieren. Ein Beleg dafür, dass das Hörspiel nicht nur heute noch seine Berechtigung, sondern auch ganz spezifische unverwechselbare Möglichkeiten hat. Weitere Hörbücher des Autoren Abel Behennas Rückkehr
Das Amulett der Mumie (Folge 2) Das Haus des Richters (Folge 7) Das unheimliche Haus des Richters (Folge 3) Dracula Dracula Dracula Dracula (Folge 2) Dracula, Jagd der Vampire (Editionsausgabe - Folge 2) Dracula-Box (Folgen 16-19) Draculas Gast Geschichten aus dem Jenseits (© echthoerbuch.de 26.04.2019) |
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