24.04.2024 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Inhaltsangabe des Verlags Die Story ist schnell erzählt. 'Shonen A‘, japanisch für 'Knabe A‘, ist die anonymisierende Bezeichnung für einen Vierzehnjährigen, der eines grausamen Mordes an einem jüngeren Schüler überführt wurde. Der Fall 'Shonen A‘ ereignete sich 1997 in der japanischen Hafenstadt Kobe. Die schockierte Öffentlichkeit beklagte den Verfall der Hightech-Jugend und machte unter anderem grausame Videos, Computer-Heldenspiele und Comics für die Gewalttat mitverantwortlich. Die schriftlichen Aufzeichnungen und Äusserungen des Täters waren stark beeinflußt von den Inhalten der unter japanischen Jugendlichen beliebten Spiele. Der Sound ist dem Kriminalfall auf der Spur. In 19 Musik-Tracks setzt 'Shonen A‘ Zeitungsberichte über den Fall sowie veröffentlichte Drohbriefe und Tagebucheintragungen des Täters um: in tanzbare Popsongs mit Techno, House, oder freestyle-Electronica, in meditative chants, in instrumentals, Stimmsamples und krimihafte Soundtracks mit filmischen und psychedelischen 70er-Jahre-Anleihen. Eine deutsche Sprecherstimme (Peter Veit) führt durch den plot des geschilderten Mordfalls, trägt die schwülstig-gruseligen Aufzeichnungen des Täters und die Zeitungsmeldungen mit gleichbleibender Sachlichkeit vor. Hans Platzgumers Ambient-Flächen darunter halten und steigern die Spannung, sägen dabei heimlich an den Nerven. Für die Gesangsparts von Ca Mi Tokujiro findet Platzgumer vielfältige freie Formen der elektronischen Musik, die die üblichen Genres ignorieren und verlässlich auf starke Rhythmen zählen. Tokujiro singt auf japanisch. Texte, die den Täter befragen, die dessen Verwirrung zwischen virtueller und realer Welt umschreiben. Sprache und Stimme vermitteln eigenwillige, exotische, gefühlsbetonte Stimmungsbilder. Leicht wiedererkennbare Gesangslinien in Popsong-Refrains, mit schnell nachvollziehbaren Melodieführungen, wechseln sich ab mit meditativen Gesängen, chants, die das im traditionellen Stil gehaltene, buddhistische Gebet 'Hannya Shingyo‘ - das bekannteste Sutra der buddhistischen Gemeinde, vortragen. 'Shonen A‘ betreibt nicht explizit Gesellschafts- oder Medienkritik. Und doch stellt der Elektro-pop-Soundtrack unbequeme Fragen nach den Gründen für die beängstigende Jugendkriminalität inJapan und das wiederkehrende Phänomen des jugendlichen Mörders, der das Morden als „eine Erfahrung machen“ bezeichnet. Das brüchige Szenario eines asiatischen Hightech-dolce vita zwischen traditionellen Erziehungsritualen, das eine Generation zur kollektiven Konsumenten-Zielgruppe einer effizienten Industrienation erklärt hat, macht 'Shonen A‘ ganz nebenbei zu seiner musikalischen Hauptsache. Barbara Schäfer
(© echthoerbuch.de 26.04.2019) |
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